Der Gigant von Genf

Der Teilchenbeschleuniger LHC soll eine der wichtigsten Fragen der Physik beantworten und erkunden, was die Welt im Innersten zusammenhält. Momentan wird die Maschine gewartet. Ab 2015 soll der LHC mit seiner Höchstleistung von 14 Tera-Elektronenvolt (TeV) betrieben werden. Dann rasen die Protonen mehr als 11.200 Mal pro Sekunde durch den Beschleunigerring.
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stern.de Infografik: Cornelia Geissler, Helen Gruber, Text: Lea Wolz, Thomas Borchert

Der Ring: von der Quelle bis zum Crash

Aus einer Protonenquelle  1.  werden die Teilchen in einen kleineren Ring  2.  geschossen, in dem sie vor-
beschleunigt werden. Von dort werden sie in den eigentlichen LHC  3.  geleitet – je nach Ausleitungspunkt  4.  kreisen sie dort im oder gegen den Uhrzeigersinn und werden an den Stellen zur Kollision gebracht, wo vier riesige Detektoren namens Atlas, Alice, CMS und LHCb die Bruchstücke aufspüren und messen können. Jeder der Detektoren ist auf eine spezielle Fragestellung der Physik optimiert und kann deshalb bestimmte Teilchen besonders gut erkennen.
1. Protonenquelle
An dieser Stelle werden die Protonen dem Teilchenbeschleuniger zugeführt.


2. Kleiner Ring
Die Teilchen werden in den inneren Ring geschossen und im beschleunigten Zustand in den äußeren Kreislauf geleitet. Der Ausleitungspunkt gibt die Richtung, in der sich die Protonen im äußeren Kreis bewegen, vor.
3. LHC
Der äußere Kreislauf des Teilchenbeschleunigers.


4. Der Ausleitungspunkt
Über diese Zugänge gelangen die Protonen in den äußeren Kreislauf und
kreisen dort je nach Ausleitungspunkt im bzw. gegen den Uhrzeigersinn.

Atlas

Atlas ist der Gigant unter den Teilchendetektoren: Mit einem Durchmesser von 25 Metern und einer
Länge von 46 Metern ist er in etwa so groß wie ein fünfstöckiges Haus. Der Detektor wiegt 7000 Tonnen.
Mit ihm fahnden Wissenschaftler nach dem Higgs-Boson, nach supersymmetrischen Teilchen und
Extra-Dimensionen. Mehr als 3200 Forscher aus 38 Ländern arbeiten am Atlas-Experiment.

CMS



CMS ist das Schwergewicht unter den Teilchendetektoren: Er wiegt 12.500 Tonnen. Mit ihm fahnden Wissenschaftler nach dem Higgs-Boson, nach Teilchenkandidaten für die Dunkle Materie und nach Extra-Dimensionen. Der Magnet im Inneren des Detektors erzeugt ein Magnetfeld, das 100.000 Mal stärker ist als das Magnetfeld der Erde. Mehr als 3000 Wissenschaftler aus 38 Ländern arbeiten am CMS-Experiment.
Alice

Alice beobachtet Zusammenstöße von schweren Blei-Ionen. Dabei wird ein Quark-Gluon-Plasma
erzeugt, eine Ursuppe, wie sie kurz nach dem Urknall existiert haben soll. Wissenschaftler wollen
so erforschen, wie sich die Teilchen formten, aus denen sich das Universum heute zusammensetzt.
Der Detektor ist 26 Meter lang und hat einen Durchmesser von 16 Metern. Mehr als 1200 Wissenschaftler aus 36 Ländern arbeiten am Alice-Experiment.
LHCb



Warum gibt es in unserem Universum mehr Materie als Antimaterie? Beim Urknall bildeten sich beide in gleichen Mengen, sodass sie sich eigentlich gegenseitig hätten vernichten müssen. Eine kleine Asymmetrie sorgte offenbar dafür, dass wir existieren. Am LHCb-Experiment ("Large Hadron Collider beauty") untersuchen die Wissenschaftler Prozesse, bei denen sich Teilchen und Antiteilchen unterschiedlich verhalten. 700 Forscher aus 15 Ländern sind an dem Experiment beteiligt.

Der LHC: Rennstrecke für Elementarteilchen

"Large Hadron Collider" (LHC) heißt die Wissenschaftsmaschine, also "Großer Hadronen-Kollidierer" – weil darin Teilchen aufeinanderprallen, die Physiker zur Gruppe der Hadronen zählen. Es sind Protonen, winzige Bestandteile von Atomkernen, die in zwei ringförmigen, 27 Kilometer langen, armdicken und luftleeren Rohren fast bis auf Lichtgeschwindigkeit beschleunigt werden: Eine Hälfte der Protonen rast im Uhrzeigersinn herum, die andere in Gegenrichtung. An vier Stellen lassen die Physiker sie frontal aufeinanderprallen. Aus den Bruchstücken, die bei diesen Kollisionen entstehen, erschließt sich der Aufbau der Materie.

Lageplan

Der LHC ist in einen unterirdischen Tunnel in bis zu 175 Meter Tiefe eingebaut.
Er verläuft zum Teil in Frankreich, zum Teil in der Schweiz.

Supraleitende Dipolmagnete

1232 supraleitende Dipolmagnete halten die Protonen auf der kreisförmigen Bahn. Ohne diese würden sich die Teilchen geradeaus bewegen. Sie sind 15 Meter lang und jeder wiegt rund 30 Tonnen. Sie sind der größte Kostenpunkt des Projektes: Jeder dieser Magnete schlägt mit rund 700.000 Euro zu Buche.

Im Beschleuniger


1. Aufprall mit Folgen
Im Beschleuniger rasen zwei Protonen nahezu mit Lichtgeschwindigkeit aufeinander zu.
2. Teilchenkollision
Die Protonen prallen frontal mit enormer Wucht aufeinander – und werden dabei zu einem Feuerball aus purer Energie. Dabei gilt Albert Einsteins berühmte Formel E=mc2, nach der sich Materie in Energie verwandeln kann und umgekehrt.
3. Teilchengeburt
Die Energie des Aufpralls verwandelt sich in neue Materie. Dabei kann das Teilchen entstehen, das Physiker mit dem LHC jagen: Es heißt "Higgs" und ist verantwortlich dafür, dass Materie etwas wiegt. "Higgs" zerfällt aber nach Sekundenbruchteilen in unzählige Bruchstücke.
4. Teilchenexplosion
Die Bruchstücke fliegen davon und werden von den riesigen Detektoren aufgespürt und angezeigt. Aus diesen Messdaten können die Physiker herauslesen, ob tatsächlich für kurze Zeit ein "Higgs"-Teilchen entstanden war.
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